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Balljunkie – Wenn Ballspielen für deinen Hund zur Sucht wird
Als Balljunkie wird ein Hund bezeichnet, der aufgrund von monotonem Ballwerfen und Hinterherhetzen hormonell gesteuerte Suchtsymptome zeigt. Sie geraten in eine Art Rauschzustand und wollen diesen „Kick“ immer wieder erleben. Balljunkies werden nicht geboren, sondern durch einen falschen Umgang beim Ballspielen dazu gemacht. Der unkontrollierte Umgang mit dem Ball kann ebenso Auslöser für diverse unerwünschte Verhaltensweisen sein.
Der Beginn der Balljunkie Karriere
Als Besitzer muss man beim Ballspiel nur sehr wenig Energie aufwenden. Häufig sieht man Hundebesitzer sogar mit praktischen Ballschleudern, die ein Bücken nach dem Ball überflüssig machen. Der Hund kann sich auspowern, bis ihm die Zunge lang aus dem Halse hängt. Der Ball ist ein fester Bestandteil eines jeden Spazierganges. Oft rennt der Hund schon los, bevor der Ball überhaupt fliegt. Das Heben des Wurfarmes reicht völlig aus, um dem Hund den sofortigen Kickstart zum Sprint zu verpassen. Dieses sind typische Merkmale, die den täglichen Ablauf bei einem Balljunkie sehr gut beschreiben.
Viele Hundebesitzer beginnen häufig unbewusst, den Hund in den frühen Phasen seiner Entwicklung zum Balljunkie zu erziehen. Insbesondere dann, wenn der Hund bereits aufgrund seiner hormonellen Umstellung unter Stress steht. Schau dir dazu den Beitrag „Entwicklungsphasen des Hundes in der Hundeerziehung“ an.
Was lernt der Hund?
Der Besitzer lehrt seinem Hund sein Gehirn auszustellen und sich impulsiv einem bewegenden Reiz zu folgen. Dieses impulsive Verhalten kann sich schnell in unerwünschte Bahnen weiterentwickeln. Der Hund beginnt unter Umständen Autos, Jogger, Radfahrer oder sogar rennende Kinder zu jagen. Im Alltag agiert er immer ungeduldiger und impulsiver, bellt häufig auch in Situationen, die mit dem eigentlichen Ballspielen nichts zu tun haben. Der Balljunkie ist geboren.
Überprüfe also zunächst mal ganz ehrlich, ob dein Hund im Alltag entspannt und geduldig ist oder nicht. In den folgenden verlinkten Beiträgen erhältst du detaillierte Informationen, wie der Alltag eines Hundes mit fehlender Impulskontrolle aussieht.
Frustrationstoleranz und Impulskontrolle an.
Balljunkie – Welche Hunde sind besonders anfällig?
Viele Besitzer interpretieren aus Unwissenheit das aufgeregte und aufgedrehte Verhalten Ihres Hundes fehlerhaft. Sie gehen bei diesem Hund davon aus, dass er besonders viel Bewegung benötigt und actionreich ausgelastet werden muss.
Dadurch erschaffen sie sich ein großes Problem, sowohl an der Leine als auch im alltäglichen Umgang miteinander. Insbesondere Hütehunde oder auch Terrier wurden dafür gezüchtet, Spaß und Erregung beim Jagen und Hetzen zu empfinden. Sie sind daher besonders schnelle Opfer einer Ballsucht und mutieren schnell zum Balljunkie. Doch auch jeder andere energetische und von Natur aus lebhafte Hund wird schnell zum Suchtopfer. All diese Hunde müssen also zunächst mal das lernen, was sie noch nicht können: RUHE und MITDENKEN.
Balljunkie – Hormonelle Hintergründe
Der Irrglaube, dass ein aufgeregter Hund ein glücklicher Hund ist, ist noch immer weit verbreitet. Aufregung ist nichts anderes als Stress (sowohl positiv als auch negativer Stress). Stress hat nicht nur Auswirkungen auf den gesamten Körper des Hundes, sondern auch auf sein Verhalten. Dabei ist es egal, ob es sich um positiven Eustress oder negativen Distress handelt.
Während des Ballspiels schüttet der Körper unter anderem die Botenstoffe Adrenalin und Dopamin aus. Beide wirken berauschend und extrem anregend. Diesen, sich gut anfühlenden, Rausch möchte der Hund immer wieder und immer öfter erleben. Dieses Verhalten ist vergleichbar mit einem Menschen, der regelmäßig Drogen konsumiert und diesen Kick immer häufiger benötigt. Der Balljunkie ist also das, was der Name schon sagt: ein Ballsüchtiger!
Hinzu kommt, dass der Besitzer sich durch das unkontrollierte Ballspiel vom wertvollen Sozialpartner zur austauschbaren Ballschleuder degradiert. Wer den Ball wirft ist dem Hund mit der Zeit völlig egal. Dein Hund befindet sich immer öfter im „Ballaballa-Land“ und wird immer unfähiger sich mit seiner Umwelt, mit Artgenossen oder auch Menschen auseinanderzusetzen.
Balljunkie – Der Test
Anhand der folgenden Merkmale kannst du herausfinden, ob dein Hund bereits Suchtpotential hat bzw. schon zum Balljunkie geworden ist:
- Dein Hund hat auf dem Spaziergang an nichts anderem mehr Interesse, als an seinem Ball
- Er springt dich aufdringlich an, bis du den Ball wirfst
- Er bellt ununterbrochen, bis der Ball fliegt
- Dein Hund ist kaum ansprechbar, sobald der Ball geflogen ist
- Damit der Ball schnell genug fliegt, spult er alle Kommandos ab, die er kennt
- Lässt du den Ball in der Tasche, bist du für deinen Hund uninteressant, er beschäftigt sich sofort mit anderen Dingen in der Umgebung
Von der Ballschleuder zum Sozialpartner
Ein geschätzter und respektierter Sozialpartner wird im Gegensatz zu einer menschlichen Ballschleuder nicht springend oder bellend angerempelt. Achte also schon vor Verlassen des Hauses darauf, dass du den Ball in Ruhe in deiner Tasche verstauen kannst. Dein Hund sollte Abstand zu dir halten, denn Abstand ist in der Hundewelt gleichbedeutend mit Respekt.
So forderst du dir Abstand ein!
Stehe aufrecht vor deinem Hund und spanne all deine Muskeln an. Unterstütze deine Körpersprache ggf. durch ein kurzes, knackiges „Abmarsch“ begleitet von einem ausgestreckten Arm. Vermeide es zu schimpfen oder hektische Bewegungen auszuführen. Dies führt nur dazu, dass dein Hund deinen Wunsch nach Abstand nicht ernst nehmen wird. Je nach Typ Hund wird deine Forderung nach Abstand unterschiedlich penetrant in Frage gestellt werden.
Wichtig ist, dass DU durchsetzungsfähiger bist als dein Hund, bis dein Hund deine Forderung nach Abstand akzeptiert. Alle Einzelheiten über die körpersprachliche Kommunikation mit deinem Hund habe ich dir bereits im Beitrag „Führung übernehmen – Grenzen setzen!“ ausführlich erklärt.
Setzt dein Hund zum Sprung an, bleibe fest stehen. Beweg dich nicht rückwärts und weiche auch nicht zur Seite hin aus. Mach besser noch einen Schritt auf deinen Hund zu und blocke ihn dabei mit durchgestrecktem Arm und offener Handfläche. Auch hierbei kannst du deine Körpersprache durch ein knackiges „Hey!“ unterstützen. Alternativ kannst du auch dein Knie ohne Schwung und mit Körperspannung anheben. Ist das Anspringen auch in anderen Situationen ein Problem? Dann schau dir den Beitrag „Hilfe! Mein Hund springt mich und andere an!“ an.
WICHTIG!
Deine Forderung nach Abstand zu dir und dem Ball funktioniert nur, wenn du mit dem Ball nicht ausweichst. Dein Hund lernt nur dann etwas, wenn ER sich vom Ball entfernt und freiwillig Abstand hält. Zieh den Ball also auf keinen Fall nach oben oder hinten weg, da du deinem Hund damit sagst, dass er dem Ball folgen und hinterherspringen soll.
Soll ich den Hund belohnen?
Eine Belohnung für das Abstand halten ist nicht nötig, denn dir gegenüber höflich aufzutreten sollte für deinen Hund zur Selbstverständlichkeit werden. Falsch eingesetzte Belohnungen können das Training sogar erschweren oder Trainingserfolge komplett verhindern. Schau dir dazu bitte unseren Beitrag „Häufige Fehler beim Belohnen des Hundes vermeiden“ an.
Der Test auf dem Spaziergang
Hol den Ball während des Spaziergangs kommentarlos und völlig beiläufig aus der Tasche. Trag den Ball mit entspannt langem Arm ein Stück und schau was passiert. Fühlt dein Hund sich allein durch die Anwesenheit des Balles sofort angesprochen und fängt an, dir wieder auf die Pelle zu rücken? Dann bleib kurz stehen und blocke deinen Hund so wie zuvor beschrieben.
WICHTIG:
Der Ball bleibt an Ort und Stelle und wird nicht nach oben oder hinten weggezogen! Hält dein Hund Abstand, so setzt du deinen Weg mit dem Ball in der Hand fort. Du steckst ihn dann ein paar Minuten später wieder kommentarlos in die Tasche.
Tipps für Balljunkies
Damit dein Hund keinen „kalten Entzug“ erleben muss, beginnst du nun ab sofort mit einem kontrollierten Ballspiel. Dabei forderst du von deinem Hund geistige Leistung ein. Sofern dein Hund allerdings bei Sicht seines gewohnten Balles direkt in starke Aufregung verfällt, tausche den gewohnten Ball gegen einen neuen aus. Besorge dir ein neues Spielzeug, wie z.B. einen Kong oder einen Ball an der Schnur und beginne das „Ball-Training mit Köpfchen“.
Balltraining mit Köpfchen
Ab sofort wirfst du keinen einzigen Ball mehr, sofern du von deinem Hund dazu aufgefordert wirst. Lass deinen Hund mitdenken und überlegen, wie er an den Ball kommt. Anfänglich reichen ein paar Sekunden respektvolles Abwarten deines Hundes aus. Sobald der Hund kurz abwartet, fliegt der Ball zu deinem Hund, sodass er ihn fangen kann. Wirf ihn nicht wie gewohnt weit weg, so dass dein Hund hinter dem Ball her hetzt. Dein Hund soll in Zukunft lernen, dass der Spaß mit dem Ball in deiner Nähe und nicht in weiter Entfernung von dir stattfindet. Steigere die Wartezeit nun in kleinen Schritten.
Achte neben dem Abstand halten ebenfalls auf einen Blickkontakt deines Hundes. Erst beim direkten Blickkontakt fliegt der Ball in Richtung Hundeschnauze, damit er ihn fangen kann.
Alternativ ziehst du den Ball nach dem Blickkontakt zügig im Zickzack über den Boden und interagierst ein paar Sekunden auf sozialer Ebene mit deinem Hund. Dann kannst du ihm den Ball wieder in Richtung Hundeschnauze werfen.
Eine weitere Möglichkeit ist, die Nase deines Hundes einzusetzen und ihn somit geistig auszulasten. Dazu lässt du deinen Hund sitzen und warten, während du seinen Ball versteckst. Bleibt dein Hund nicht abwartend sitzen, so schau dir zunächst den Beitrag „So bringe ich dem Hund das Bleib bei“ an und übe an seiner Impulskontrolle.
Damit dein Hund aber auch weiterhin seine Freude am Rennen auf Teilen des Spazierganges ausleben kann, schaust du dir bitte unseren Beitrag „3 Tipps für die sinnvolle Beschäftigung auf dem Spaziergang“ an. Dort ist unter anderem ebenfalls das kontrollierte Spiel mit dem Ball erklärt.
Balljunkie – für immer „trocken“ bleiben?
Ballspielen muss nicht zwangsläufig etwas Schlechtes sein. Dabei sollte insbesondere die soziale Zusammenarbeit mit dem Besitzer im Vordergrund stehen und das gemeinsame Ballspielen Spaß machen. Hat der Hund trotz Anwesenheit des Balles auch noch Freude und Interesse an anderen Dingen, so ist gegen das Ballspielen nichts einzuwenden. Dann darf auch sporadisch ein leicht unkontrolliertes Ballspiel stattfinden. Hat dein Hund aber bei Anwesenheit des Balles nur noch den Ball im Kopf, dann solltest du deinem Hund zu Liebe schnell etwas ändern.
Solltest du dabei Unterstützung benötigen, kontaktiere am besten eine*n Hundetrainer*in vor Ort.
Das war ein netter Beitrag zum Thema „Ballspielbegeistert“. Ein Junkie ist nur noch auf seinen nächsten Schuß fokussiert… Da ist Impulskontrolle, Abrufbarkeit, soziales Miteinander gar nichts – der Junkie will nur noch den Ball, koste es, was es wolle.
Vielleicht darf ich anregen, auch den Hardcore-Balljunkie zu behandeln? Eben einen, der, durch den Menschen so gemacht, nur noch für den Ball lebt, der Mensch, der den Ball hält, ist nur Beiwerk.
Eventuell ist das zu speziell und für ein Video nicht geeignet, aber diese Thematik, daß, ob Frisbee, Ball, Stock etc. vom Menschen wegfliegen eben nicht geeignet sind, um eine Bindung mit dem Menschen aufzubauen oder zu halten, sollte auch den unbedarft ballspielenden (Noch-nicht-Junkies) bewußt sein.
Neben der bitteren Erkenntnis: Wer einmal süchtig war, wird immer süchtig sein. Und – (um es zu vermenschlichen) auch Methadon ist eine Droge, sie hat nur keine so starken Nebenwirkungen. Auf den Hund bezogen: Der Mensch hat den Hund süchtig gemacht, nun liegt es in seiner Verantwortung, dem Hund etwas zu geben, das ihn hundgerecht befriedigt, z. B. Nasenarbeit wie Mantrailen, Zielobjektsuche, Fährtenarbeit.
Trotzdem wird es immer so sein: Einmal Junkie – immer Junkie und man muß aufpassen, daß die Sucht nicht wieder zu sehr durchschlägt.
Die mit Abstand beste Website zum Thema Hundeerziehung, ebenso tolle Texte wie Videos!
Ich bin sicher, ihr seid mega-keativ und habt schon eine lange Liste mit Themen, die ihr in der Zukunft gerne abarbeiten wollt. Falls ihr doch eine Idee braucht …. ich würde mir einen Beitrag zum Thema „Richtig Apportieren“ wünschen mit Schwerpunkt der Hund bringt das Apportel nicht bzw. nicht nah genug zurück.
Danke für eure tollen Tipps!
Hallo Maren, vielen Dank für dein tolles Feedback. Das Thema packen wir mal mit auf unsere Produktionsliste 😉 Liebe Grüße dein DogsTV Team